Hummer, Explorer, Pathfinder: Mit Karacho erobern monströse Autos die Herzen junger Amerikaner. Nach dem Motto: «Wer auf mich aufprallt, ist tot.»
Mobiler Feldherrenhügel für grössenwahnsinnige Automobilisten: Drei-Tonner Hummer H2.
Neulich beim Ausparken des Kleinwagens auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in einem Washingtoner Vorort erfasste einen wieder der ganz gewöhnliche Horror: Zur Rechten ein «Sport Utility Vehicle» (SUV), links ebenfalls ein monströser vierradgetriebener Geländewagen, womit beim Zurückstossen auf beiden Seiten die Sicht verstellt ist.
Miese automobilistische Zeiten sind in den Vereinigten Staaten angebrochen. Jedes vierte im Einsatz befindliche Auto ist inzwischen ein SUV, vier Millionen dieser Ungetüme wird die Automobilindustrie allein 2002 im Land des rollenden Gigantismus verkaufen. Man findet sich auf SUV-überfluteten Strassen, im Rückspiegel die chromblitzende Visage eines monumentalen Autos, dessen mächtige Stossstange wortlos droht: Aus dem Weg! Als schüchterten Blechgebirge wie der sechs Meter lange und knapp 3000 Kilogramm schwere Ford Excursion nicht genug ein, bietet der Branchenerste General Motors jetzt eine neue Version des
Militärvehikels Humvee an. Über drei Tonnen wiegt der Hummer H2, ein mobiler Feldherrenhügel für grössenwahnsinnige Automobilisten. Nach dem 11. September 2001 glaubten die Amerikaner, «sie befinden sich im Krieg, weshalb sie ein Bedürfnis nach Schutz haben», erklärt der eminente franko-amerikanische Marktforscher Clotaire Rapaille den Drang zum Overkill. Mit einem Hummer «kann ich meine Familie beschützen, und wenn jemand auf mich aufprallt, ist er tot», begründen die Hummer-Enthusiasten laut Rapaille den Kauf des Super-SUV.
Ich? Ein Unfall? Na und?
Eine Kollision mit einem Hummer – oder jedem anderen der 61 auf dem amerikanischen Markt angebotenen SUV-Modelle – hat für den Fahrer eines herkömmlichen Kraftfahrzeugs äusserst unliebsame Konsequenzen: 1500 gegen 3000 Kilogramm, dazu die SUV-Stossstange, die bis zu einem halben Meter über der normaler Autos thront. Das Fliegengewicht verliert. Und die Insassen des SUVs sind fein raus. Sie gewinnen. «Sogar SUVs, die in tödliche Kollisionen verwickelt waren», präsentierten sich nach dem Unfall in «ziemlich gutem Fahrzustand», staunt Keith Bradsher, ehemals Autoindustrie-Experte der New York Times und Autor eines neuen Buchs über die SUV-Landplage.
Wer einen Allradmoloch wirklich braucht, soll ihn natürlich auch fahren: Holzfäller und Förster, Rancher und Bauern, Extremjäger und Bewohner des Hinterlandes fernab geteerter Strassen. Doch leider ist der Geländewagen zum Statussymbol des Durchschnittsverbrauchers pervertiert; die Familie aus Suburbia goutiert ihn ebenso wie die Frau Mitte dreissig oder der Student von nebenan. Querfeldein über die Prärie rumpeln sie nie. Stattdessen reiten sie im Sattel ihres Sauriers zum Einkaufen, schlürfen dabei geistesabwesend an einer Cola, plaudern angeregt am Handy und naschen Snacks. Ich? Ein Unfall? Na und? Gefährlich leben sie trotzdem. «Haben Sie sich heute schon überschlagen?», will man ihnen eingedenk des hohen Schwerpunkts ihrer Kutschen zurufen. Immerhin sind bereits Tausende von Amerikanern beim Salto mortale der mobilen Trutzburgen verstorben, Opfer geplatzter Reifen oder fahrerischer Kunstfehler, derentwegen ihr Gefährt von der Strasse abkam und irgendwohin kollerte.
«Unsicher, eitel, egozentrisch»
Michael Schumachers sind sie nicht, diese Piloten des Weitausladenden. Nach Durchsicht der Marktforschung amerikanischer Autokonzerne beschreibt Keith Bradsher das Profil der SUV-Klientel wie folgt: «Unsicher und eitel... ohne Vertrauen auf ihre Fahrkünste... egozentrisch und selbstabsorbiert...» Kein Wunder, dass normal Motorisierte inzwischen zum Guerillakampf auf amerikanischen Strassen übergegangen sind. Als sich etwa eine SUV-Fahrerin in einem Leserbrief an die Washington Post beklagte, andere Verkehrsteilnehmer verweigerten ihr das Einfädeln, meldeten sich wütende SUV-Feinde und bekannten, jawohl, sie dächten nicht daran, vor sich eine Sichtblende in Form eines SUV zu dulden. Dabei wollen wir von Umweltschutz und 25 Liter Sprit pro einhundert Kilometer überhaupt nicht reden; was wirklich bestürzt, ist die ästhetische Komponente des Problems.
Marcello Mastroianni im offenen Alfa; James Dean im Porsche 356; James Bond im BMW Z3; Martin Kilian im VW Turbokäfer; die Schönheit eines Jaguar S-Type; das Fahrwerk eines 3er BMW; der Retro-Look des Chrysler PT-Cruiser – allesamt Bezeugungen automobilistischen Feinsinns und damit ein scharfer Kontrast zum archetypischen SUV: ein Wohnzimmer auf vorsintflutlichem Fahrwerk, ja ein glorifizierter Lastwagen mit lachhaften Typenbezeichnungen wie «Explorer», «Pathfinder» oder «Suburban». Wer Feineres begehrt wie den BMW X5 oder Porsches neuen SUV, muss heftig hinblättern und wird dennoch abgestempelt, ein Prolet des Asphalts zu sein.
Der Ästhet freilich nimmt verstört zur Kenntnis, dass die amerikanische Jugend dem SUV-Wahn völlig verfallen ist, weshalb das Blutbad auf den Strassen nur zunehmen wird. Bald werden zehn bis fünfzehn Jahre alte Schrott-SUVs, die Bremsen ein Witz, die Rad-aufhängungen ausgeleiert wie die Gelenke eines alternden Footballprofis, für drauf-gängerische Teenies erschwinglich werden. Paul Newman, selbst Rennfahrer und grosser Verehrer schneller Autos, schwant das böse Ende: «Du setzt ein 17-jähriges Kid ans Steuer eines 2500 Kilogramm schweren Wagens und lässt das Kid mit einer grauhaarigen Lady in ihrem Toyota Tercel zusammenstossen – du weisst, das wird ein Chaos.» Fürwahr, mindestens ein Chaos, wenn nicht ein Gemetzel, weswegen die amerikanischen Autoversicherer nervös überlegen, ob sie die Prämien für die fleischigen Kraftwagen anheben sollen.
Es täte Not: Mit Karacho hat der Rammbock das Herz der jungen Generation erobert. Schliesslich verheisst die Werbung für die Gattung geradezu Unerhörtes: In einem Chevy Tahoe auf den Gipfel des Matterhorns – cool, Baby! – zu brettern oder mit Klimaanlage und Allradantrieb ins Herz der Finsternis und in die Savannen des Matto Grosso vorzustossen: Wer träumte nicht davon? Für wahre Naturliebhaber ist das SUV der Werbung zufolge die Erlösung vom zivilisatorischen Übel schlechthin. Er donnert durch die einsamste Natur, dorthin eben, wo Sean Connerys Aston-Martin im Urschlamm versänke «und sich andere nicht einmal hinwagen würden», so die TV-Spots für den Nissan Pathfinder. An dem gigantischen Toyota Landcruiser rühmen die Werber gar, er könne «die Natur zähmen» und «wäre in primitiven Zeiten ein Gott gewesen».
Auf der Strasse des Exzesses
Umso erschreckender ist, dass ein fundamentalistischer Gottesmann wie Mullah Mohammed Omar in einem Luxus-Landcruiser durch Afghanistan chauffiert wurde. Stolzer Besitzer der Edelausgabe VX Limited Edition in Perlweiss mit Ledersitzen, CD-Spieler und Glas-Schiebedach war der Mullah.
Leider traf auf den Taliban-Boss nicht zu, was William Blake einst dichtete. Dass nämlich die «Strasse des Exzesses zum Tempel der Weisheit» führe. Auch die amerikanische Strasse des Exzesses führt keineswegs zur Weisheit, sondern nur zu zerkratztem Lack und Schlimmerem. Weil sie die SUVs als Ausgeburt des Teufels erbarmungslos bekämpfen, legen radikale Umweltfreunde zunehmend Hand an die Kolosse. In Oregon wurden im Vorjahr bei einem Händler dreissig SUVs abgefackelt und in Richmond im Staat Virginia ermittelt das FBI derzeit wegen diverser SUV-Beschädigungen.
So geht es natürlich nicht, aber einem SUV-Fahrer das Einfädeln zu verweigern, ist erlaubt. Eine weitaus aufregendere Form des Protests wäre allerdings, mit einem flunderflachen Lotus Elite in einem gewagten Manöver unter einem SUV durchzuflitzen. Aber wahrscheinlich bemerkte es dessen Fahrer nicht einmal.
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klar ist es umweltschänderrei....aber die alten muscle cars gehen einfach ab....letzthin gabs ja wieder testfahren mit einem h-auto...mit neuen super cap kondensatoren die wie turbo lader aggieren...schlaue sache...nicht genutze energie sparen und bei bedarf wieder ausquetschen...
jo luäg sedi dä chärrä isch momentan eh nümä i betrib wells benzin für diä schissi z tür isch, und es isch nöd min charrä aber wär mol fett wenn en min vater a mi abtrette würd. :-)