de broggini bacht mir en chueche mitere fiilä drin.
i bruch no en droht zum usem fenschter abeloh, demit öpper cha en schlüssel drahenke. mer söll jo für alli eventualitäte grüschtet si.
Ich hab die Briefe nicht gezählt, die sie mir schickten. Mein Altpapierstapel sah, sogar für meine Verhältnisse, schon fast bedrohlich aus, hatte es doch zuoberst meistens einen roten Einzahlungsschein. Endlich kam dann die Arrestverfügung, und schliesslich der Arrestbefehl. Ich konnte den Tag sogar selber wählen :-) Hach, habe ich mich gefreut.
Spätestens, als ich anrief, meinen Wunschtag durchgab, und nochmals lieb gefragt wurde, ob ich es nicht doch noch zahlen möchte, hätte ich es merken müssen: die Armee hat zu viel Geld, es würde ein Hotelaufenthalt werden. Aber ich verdrängte diese Tatsache, und bereitete mich auf einen viel zu kurzen Aufenthalt in einem, so hoffte ich, mindestens kellerartigen, wenigstens nicht Körpertemperatur-warmen und etwas in die Jahre gekommenen, kleinen Zimmerchen im Untergeschoss des, uhm, nicht gerade bedrohlich wirkenden St.Galler Zeughauses vor.
Nur die Kleider, die ich anhatte, nahm ich mit - im F-Sack nur Dienstbüchlein, ID und Befehl. Und die Wollensau. Ich hatte halt Freude am Gedanken, es würde wirklich kalt werden, weil die Fensterscheibe kaputt wäre oder so. Geldbeutel, Rasierzeug, Mobiltelefon, Badetuch, Hausschuhe, und v.a. das Pyjama, welches unter "Mitnehmen" im Arrestbefehl aufgeführt war, liess ich zu Hause. Verrissene Jeans, Kampfstiefel, grauer lockerer Pulli, Pennerhändsche, eine Woche nicht rasiert, die unauffällige Brille - das gefiel mir schon eher. Leider hat Duke noch mein Gangster-Comella-Chäppli, und ich hatte auch keine rechte Fahne, als ich einrückte. Mir blieb, als ich den Wecker ignorierte, dann nur noch Zeit für eine Schüssel Nesquick Flakes, einen kräftigen Schluck Whiskey und den Griff nach einem Bier für den Weg. Obwohl ich am Abend vorher einen halben Tenpack in den Kühlschrank gestellt und den Wecker auf früh genug gestellt hatte. Naja.
Jo denn, gömmer doch mol in Knascht. Ich schaffte es mit einem Run auf den bereits stehenden Bus dann sogar noch, um 08:05 Uhr in des Staates Gebäude Empfangshalle zu erscheinen. Bla grüezi, Herr Sonderegger, Jo, bitte mitcho. Im Lift drehte sich der Mann, dem ich nun folgte, mir nicht mal zu, sondern starrte die Türe an. Gopfetami fehlt es dem an Ahnung, ich könnte ihn ja überrumpeln. Der Lift setzte sich in Bewegung - nach oben. Neein, nicht mal in den Keller darf ich. Meine Freude sank auf Normalzustand. In einem Aufenthaltsraum mit TV und mehreren Snack- und Kaffeeautomaten musste ich meine Rechte und Pflichten durchlesen, und er labberte irgendwas von Arbeit. Äehm, *räusper*, ich sei nicht hier um zu arbeiten, meinte ich dann. So, aha, OK. Dann folgen sie mir. Jetzt wollten die mich noch als günstige Arbeitskraft einsetzen. Da haben sie sich aber geschnitten. "So do wär ihres Zimmer, do grosses Liecht, do Chlises, Schrank, suberi Bettwösch (!), und do usse no de Sanitärtrakt. Die vier Türene sind immer offe."
Verdammt.
Er schloss die Haupttür, die Schritte entfernten sich. Mit einem Gang waren die Sanitären Einrichtungen mit den Zellen verbunden, allen Arrestanten zugänglich. Eine Haupttür trennte das geräumige Areal vom Rest des Hauses. Ich ging ins Zimmer. Weisses Täfer, grösser als unsere Stube, schätzungsweise sechs mal acht Meter, Heizung, aus hellem Holz ein Schrank, Büchergestell mit matten Alurohren - neben dem Neuen Testament lagen Jasskarten, Schreibtisch mit Design-Halogenlampe, Bett, Nachttischlein mit Nachttischlampe - alles relativ neu, und vom selben Typ. Scheisse. Zurück in den Sanitärtrakt. Sauberes Lavabo mit Spiegel, Seifenspender, sogar Nivea Handcrème lag herum. Dann eine abschliessbare Dusche und ebenso sauber ein WC. Ich sehnte mich nach Trost, lief zum Fenster im Zimmer, denn ich hatte bemerkt, dass es wenigstens vergittert war. Aufgemacht, das kalte Metall umfasst, aah. Wenigstens etwas. Mein Blick schweifte zu den Dachfenstern links und rechts. Die waren unvergittert. Was? Unvergittert?? Na gut, werden abgeschlossen oder gar nicht zum Öffnen gedacht sein. Ich zog mir nen Tisch drunter und versuchte es. Nein bitte nicht. NEEIN!
Ich hatte keine Lust mehr, an Ausbruchsplänen zu arbeiten. Meine Vorsätze schwanden dahin, ich zog das Bett sogar an und ging pennen. Anscheinend für eine lange Zeit.
Die Uhr hatte ich selbstverständlich abgelegt. Wenigstens das Zeitgefühl auf die Helligkeit abstimmen, wenigstens ein bisschen Knast-Feeling wollte ich haben. Ich erinnere mich, wie er hereinkam, durch ein halbgeöffnetes Auge sah ich ihn ein Tablett auf den Tisch stellen. Seine Worte waren ungefähr "Essen", dann ging er wieder. Ich lag in den Boxershorts im Bett, die Decke halb über den Körper gezogen. Etwas später kam er wieder, nahm anscheinend das Tablett mit, und bevor ich ein Auge öffnete, hörte ich ihn den Schlüssel an der Haupttür drehen. FUcK! Ich hatte das Mittagessen verpennt.
FETT! :-) Endlich Knast-Feeling. Ich habe mich schon wie im Hotel gefühlt, und alle Reflexe abgelegt - dabei ist klar: wenn es Essen gibt, wird sofort aufgestanden. Wer weiss, wie viel es hat, ob es mir jemand wegisst, etc. Ah, wie ich mich freute. Von nun an galt es, bis am Abend mit dem Schüsselchen Cornflakes im Bauch durchzuhalten. Ich machte noch ein paar Rumpfbeugen und Liegestütze, damit der Hunger grösser wurde, und fing dann an, ein Buch zu lesen. Ich hatte keine Ahnung, wie weit fortgeschritten der Nachmittag schon war, und wartete, und las, und beugte, und stützte. Als es langsam dunkel wurde, kamen wieder Schritte. Er trat mit einem Tablett ein und stellte es mir auf den Tisch. Seine Worte waren etwa: "So", dann war er wieder weg. Keine Miene. Nun ja, ich verwöhntes Wohlstandskind freute mich sogar daran, hatte ich doch eigentlich insgeheim auf Wasser und Brot gehofft. Ein grosses Stück Pizza, eine Schüssel voll Salat, einen Thermoskrug Kaffe und Rahm und Zucker. Verdammt.
Als er wiederkam war ich am lesen, den x-ten Kaffee am nippen. Ich war schon etwas Koffein-ross und fragte ihn, als wär er der gerufene Zimmerservice, ob er mir den Krug nicht hierlassen könne. Da geschah etwas Wunderbares. Er antwortete: "Sie wönd doch morn Zmorge?", worauf ich gelassen "Enart scho, jo" entgegnete. "Also, denn gends mer de Chrueg, süsch gits denn kei Kafi morn" und jetzt: "Hähähä". Huuu nonen, er gab eine Kleinigkeit seines Wärtercharakters preis! Zugegeben, die Vorstellung, dass er mir keinen Kaffee bringt, weil er keinen Krug dafür hat, war nicht gerade dramatisch. Aber es war die erste zwischenmenschliche Kommunikation, bei der er festlegte, wer hier der Chef war, und dass ihm das vielleicht nicht mal so missfällt. Ich unterlag schon wieder dem Hotel und gab ihm den Krug.
Dass es noch zu regnen anfing, und auf die Dachfenster tropfte, untermalte immerhin die Atmosphäre. Ich ging dann noch duschen, werweiselte, ob ich noch den anderen Arrestanten zu Gesicht bekomme, ging dann aber irgendwann pennen.
Mit "Tagwach" trat er ein und stellte das Tablett auf den Tisch. Es war noch stockdunkel. Hm, sechs Scheiben Brot, zwei Sorten Konfi, Ok, wieso nicht. Ich las dann wieder und genoss den Kaffee, der nicht mal so schlecht war. Irgendwann zog ich dann das Bett ab und ging pissen. Ich hörte, wie er hereinkam. Als ich aus dem Sanitärtrakt kam, geschah es erneut. Er schmunzelte mich an und fragte: "Wönder no chli bliibe? Hähähä". Aaah, wie hat er sich wahrscheinlich auf diesen Höhepunkt gefreut... Die Welt war in Ordnung. Stiefel montiert, Jacke und Tasche in die Hand, und raus aus dem Trakt. An vielen grünen Leuten vorbei, bis ins Erdgeschoss. Er gab mir die Hand und wünschte mir noch alles Gute, drückte einen Knopf und ich konnte die massive Holztüre öffnen, die ins Freie führte.
Es regnete nicht, war aber angenehm frisch. Ich schaute das Haus an, und dachte: scheisse bin ich fit. Wie nach den Ferien. Jo denn hä, isch no läss gsi. Rasch dieses Review schreiben und wieder arbeiten gehen.
scheisse sedi bisch du en kabutte hufe. meh chani etz do enart gar nöd zue säge.
aber tönt no läss, mueni au mol mache... häsch denn wenigschtens drüber nodenkt, wad schlimms gmacht häsch? bisch etz en bessere mensch? hähähä
abwarte... sie hend no e rechnig offe mit mir, es disziplinarstrofverfahre wege zu spät einrücken. i hoff eifach, sie vergessed mi nöd, wie au scho.
nögscht mol nimmi es notebook mit tv-aschluss mit. hett e dose gha :-) und id täsche luegeds eh nöd.
stoh du mol drü viertelstund im 3. stock a de fassade ufeme fenschtersims, i de elendige chälti, und versuech über e regerinne uf e überhängends dach z'chlettere. isch mer denn doch no lang vorcho...